In gewissen Gegenden São Paulos, einer brasilianischen Metropole, ist Durchhaltevermögen und Individualität auf dem Weg zum persönlichen Erfolg gefragt. Warum sollte das also in der Gastronomie der Stadt anders sein? Es ist allerdings nicht überliefert, warum das VICE-Magazin für seinen Cocktail-mit-Parfüm-Versuch gerade São Paulo ausgewählt hat.
Das spielt aber auch nicht wirklich eine Rolle, Cocktails erfreuen sich ja in praktisch jeder Metropole der Welt großer Beliebtheit.Für starke Trinker dürfte Parfüm der Himmel auf Erden sein, schließlich bestehen die Duftwasser meist aus 95 Prozent Ethanol, und außerdem riechen sie im Idealfall ja auch noch gut. Der Proband „Tony“ arbeitet nachts als DJ und soll in drei verschiedenen Bars drei verschiedene Cocktails mit Parfüm-Note verkosten. Laut eigener Aussage kam er noch nie in den „Genuss“ eines solchen Cocktails. Wer kann das aber schon von sich behaupten ohne eine lange Nase zu bekommen?
Über mögliche gesundheitliche Schäden aufgrund des Konsums legen wir besser den Mantel des Schweigens. Tony war da aber auch sicher unkompliziert: 1. ist die brasilianische Rechtssprechung nicht mit der US-amerikanischen vergleichbar und 2. geht es ja nicht um zu heiß temperierten Kaffee aus einer Fast Food-Filiale.Drink Nummer 1 bestand aus Birnenvodka, Gin, Orangensaft, Brombeerlikör, Orangenhaut und - zwei Spritzern Chanel No. 5. Tony der Trinker liebte es: „Sehr lecker! Vor allem das Brombeeraroma am Ende. Die Frucht hat am besten zu dem verwendeten Parfüm gepasst. Der Geruch war eindeutig, aber ich konnte es nicht wirklich schmecken. Vielleicht, weil ich noch nie vorher Parfüm getrunken habe.“ Na, wer hätte das gedacht!
Für Drink Nummer 2 wurden Gin, Cointreau, der Saft einer halben Limette, Zucker, Basilikumblätter, Cashewsaft und fünf Spritzer „Burberry“ vermischt. Tonys Empfehlung: „Ich fand dass der Geschmack des Parfüms ein bisschen dominant war. Ich konnte mit Sicherheit sagen, dass etwas anderes in diesem Drink war. Dieses Parfüm würde ich niemandem zum Trinken empfehlen.“Merke: „Burberry“ doch lieber zum Auftragen als zum Trinken verwenden.
Drink Nummer 3 kam recht traditionell daher: ein klassischer Caipiroshka gemixt mit 4 Spritzern von Stella McCartneys „Sheer“. Alle Beteiligten dürften auf die letzte Reaktion mindestens so gespannt gewesen sein wie Ottfried Fischers Schlüpfergummi. Und siehe da: Tony schmeckte es! „Das Limonenaroma und das Parfüm haben gut zusammen gepasst. Ich gebe zu, dass ich einen guten Erdbeer-Kiwi-Caipirinha mit Sake vorziehe, aber das hier ist definitiv eine Option. Der Vodka und das Parfüm sind beide importiert und wurden adäquat vermischt. Wenn jemand Zitrusgetränke mag, dann ist das eine gute Wahl.“ Tony, du Teufelskerl! Auch den Service-Aspekt nicht vergessen, sehr gut.
Was bleibt also unter dem Strich über Parfümcocktails festzuhalten? Tony mag es mögen, wir glauben eher: Der Durst treibt es rein und der Anstand behält es drin. Wohl bekomm\'s!
